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Mit freundlicher Genehmigung der Autorin Anja Benndorf
Reportage:
Das optimale Brötchen darf nur nach Getreide duften
Rott arbeitet seit 1993 als
Brotprüfer des Zentralverbandes des Deutschen Bäckerhandwerks. Das ganze Jahr
testet er in Bayern, Baden-Württemberg, Thüringen, im Saarland und im Südwesten
von Rheinland-Pfalz Backwaren.
"Im Durchschnitt beteiligt sich die Hälfte der 20 Betriebe unserer Innung
- die zweitkleinste im Verband Südwest - an dieser freiwilligen
Selbstkontrolle", berichtet Obermeister Bernd Schmitt aus Zellertal. Damit
die Waren unabhängig von den Namen der Hersteller beurteilt werden, versieht
sein Sohn Steffen, ebenfalls ein Bäckermeister, alle abgegebenen Produkte mit
nummerierten Karten, auf denen auch jeweils die Zusammensetzung der Waren
vermerkt ist.
Ob Bauern-, Buttermilch- oder Mehrkornbrot, Kaiser- oder Roggenbrötchen, es
komme immer auf fünf Kriterien an, erläutert Rott den interessierten Schülern:
"Es geht um Form und Aussehen, um die Krusteneigenschaft, die Lockerung und
das Krumenbild, Elastizität und Struktur, sowie letztendlich um Geruch und
Geschmack."
"Wie riecht ein Brötchen denn optimal?", fragt ein Zehnjähriger. Es
müsse rein nach dem verwendeten Getreide duften und frei von Fremdgerüchen
sein, so Rott. Als er mit dem großen Brotmesser in Windeseile ein Weizenbrötchen
aufschneidet, drängt sich einem Schüler die Frage auf, wie oft er sich denn
schon geschnitten habe. Der Prüfer schmunzelt: "Zwei Mal und dann nie
wieder." Andreas Rott hält eine Brötchenhälfte hoch: "Schaut mal,
die Luftlöcher sitzen nur am Rand. Dieses Krumenbild ist nicht gut."
Insgesamt können maximal 100 Punkte erreicht werden. Festgestellte Fehler, über
die mit den jeweiligen Bäckern gesprochen werde, ziehe man davon einzeln
gewichtet ab. Schließlich werde das Ergebnis durch 20 dividiert: "Eine
Note zwischen 4,7 und 5,0 bedeutet ,sehr gut", eine Eins heißt
,mangelhaft", erklärt der Prüfer. Währenddessen rattert ein Zeugnis, das
Rott gerade auf seinem Laptop erstellt hat, aus dem kleinen Drucker.
Es gebe nur Urkunden in Gold ("sehr gut") und Silber
("gut"), informiert Helmut Münch, der Geschäftsführer des Bäcker-Innungsverbandes
Südwest. Damit dürfe ein Bäckereibetrieb längstens drei Jahre werben.
"Wer in drei aufeinander folgenden Jahren für die gleiche Backwarensorte
Gold erhalten hat, bekommt die Goldmedaille, die höchste Auszeichnung unseres
Handwerks."
"Mit der Zeit verliert man den Blick für die eigenen Fehler", erklärt
Bernd Schmitt den Sinn der seit über 40 Jahren stattfindenden Selbstkontrolle.
Mit der jedes Jahr zu einem anderen Zeitpunkt durchgeführten Prüfung präsentiere
sich das Handwerk zudem der Öffentlichkeit, meistens in Bankfilialen mit größerem
Publikumsverkehr.
"Diesmal habe ich vorgeschlagen, auch mal dorthin zu gehen, wo viele
Schulabgänger sind", sagt der stellvertretende Lehrlingswart, Wolfgang
Schmidt aus Dreisen. DOS-Rektor Kurt Becker ist von der Idee begeistert:
"In diesem Umfang können wir uns sonst nicht informieren." Rund 300
Kinder und Jugendliche aus etwa zehn Klassen und Arbeitslehre-Kursen könnten
nun Einblicke in dieses Handwerk nehmen. "Mit dabei sind alle Fünftklässler,
weil sie die ersten DOS-Schüler sind und die drei achten Klassen, deren
Jugendliche sich bereits beruflich orientieren." Die Fragen der Kinder
zeigten, dass sie sich viele Gedanken machen, freut sich Becker.
Während Andreas Rott in rasendem Tempo weitere Backwaren aufschneidet,
begutachtet, zerdrückt und schließlich probiert, fragt ein Junge mitfühlend:
"Wenn man diese Prüfungen jahrelang macht, bekommt man dann nicht
irgendwann einen Ekel?" Der Bäckermeister schüttelt den Kopf: "Ich
kontrolliere nur Produkte mit geringem Zucker- und Fettanteil, also keine süßen
Backwaren. Außerdem probiere ich von den 5000 Broten und 1500 Brötchen im Jahr
jeweils nur wenige Gramm."
Von unserer Mitarbeiterin: Anja BenndorfRON - RHEINPFALZ ONLINE, Donnerstag, 9. Jan , 03:45 Uhr
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